Der Blogbeitrag von Oliver Zehner und die dazugehörigen Kommentare werfen ein wichtiges Licht auf ein Thema, das in der Gastronomie oft unterschätzt wird: die Kunst des Verkaufens. Als Verkaufstrainer möchte ich einige Gedanken und praktische Ansätze teilen, wie Gasthäuser ihre Servicequalität und damit auch ihren Umsatz nachhaltig verbessern können.
1. Verkaufen ist mehr als nur Bestellungen aufnehmen
Die Gastronomie ist ein Bereich, in dem Emotionen eine zentrale Rolle spielen. Gäste kommen nicht nur, um zu essen, sondern um eine gute Zeit zu haben. Ein Kellner oder eine Kellnerin, die mit Begeisterung und echtem Interesse auftritt, kann den Unterschied zwischen einem durchschnittlichen und einem unvergesslichen Erlebnis ausmachen.
Ein Beispiel: Statt nur zu fragen, ob es geschmeckt hat, könnte das Personal aktiv Empfehlungen aussprechen. „Unser heutiges Dessert ist eine hausgemachte schwedische Zimtschnecke – ich kann sie wärmstens empfehlen!“ Solche Aussagen wecken Neugier und schaffen eine persönliche Verbindung.
2. Reklamationen als Chance begreifen
Reklamationen sind keine Angriffe, sondern Gelegenheiten, den Gast zu begeistern. Ein professioneller Umgang mit Kritik kann aus einem unzufriedenen Gast einen treuen Stammkunden machen. Ein einfaches „Es tut uns leid, dass Sie nicht zufrieden waren. Wie können wir das, für Sie wiedergutmachen?“ zeigt Empathie und Wertschätzung. Ein kleines Entgegenkommen – sei es ein kostenloser Kaffee oder ein Dessert – bleibt in Erinnerung und wird oft großzügig honoriert.
3. Storytelling und Persönlichkeit
Wie in Olivers Beitrag erwähnt, könnten Kellner Geschichten über das Lokal oder die Speisen erzählen. Das schafft eine emotionale Bindung. Ein Beispiel: „Wussten Sie, dass unser Wiener Schnitzel nach einem alten Familienrezept zubereitet wird, das seit drei Generationen weitergegeben wird?“ Solche Details machen das Erlebnis einzigartig.
4. Upselling und Cross-Selling
Ein gut geschulter Kellner weiß, wie er den Umsatz pro Gast steigern kann, ohne aufdringlich zu wirken. Das kann durch einfache Fragen geschehen: „Möchten Sie ein Glas Wein zu Ihrem Hauptgericht? Wir haben einen großartigen Grünen Veltliner, der perfekt dazu passt.“
Oder: „Wie wäre es mit einem Digestif nach dem Essen? Unser Hauslikör ist sehr beliebt.“
5. Schulung und Motivation des Personals
Die Basis für all das ist eine gute Schulung. Mitarbeiter müssen nicht nur die Speisekarte kennen, sondern auch lernen, wie sie mit Gästen kommunizieren und auf deren Bedürfnisse eingehen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sie sich wertgeschätzt fühlen. Ein motiviertes Team, das stolz auf seine Arbeit ist, wird automatisch besser verkaufen.
6. Die Rolle der Gastronomen
Die Gastronomen selbst tragen eine große Verantwortung. Sie müssen ihren Mitarbeitern die Werkzeuge und die Freiheit geben, kreativ und kundenorientiert zu arbeiten. Gleichzeitig sollten sie ein Vorbild sein, was Service und Qualität betrifft. Ein Chef, der selbst mit Leidenschaft dabei ist, inspiriert sein Team.
Fazit: Verkaufen ist Service, und Service ist Verkaufen
Die Gastronomie hat in Österreich – wie in vielen anderen Ländern – enormes Potenzial, sich durch besseren Service und Verkaufskompetenz abzuheben. Es geht nicht darum, den Gästen etwas „aufzuschwatzen“, sondern darum, ihnen ein Erlebnis zu bieten, das sie gerne wiederholen möchten.
Die Kommentare von Ron, Andrea und Roman zeigen, dass es bereits positive Beispiele gibt, aber auch, dass noch viel Luft nach oben ist. Mit der richtigen Einstellung, Schulung und Motivation kann jedes Gasthaus zu einem Ort werden, an dem Gäste nicht nur satt, sondern auch glücklich und inspiriert nach Hause gehen.
Ich lade alle Gastronomen ein, sich mit dem Thema Verkauf intensiver auseinanderzusetzen – sei es durch Workshops, Schulungen oder einfach durch den Austausch mit erfahrenen Kollegen. Denn am Ende profitieren alle: die Gäste, die Mitarbeiter und natürlich auch der Umsatz.